Frau tankt ihr Auto mit Wasserstoff, ein Windpark ist im Hintergrund

Wasserstoff: Macht er deinen Strom grüner?

Wasserstoff im Strommix? Erfahr, wie aus Strom Wasserstoff entsteht und vice versa – und ob du bald Wasserstoff aus der Steckdose bekommst.


Wasserstoff ist ein flexibler Energieträger und ein Allround-Talent– nutzbar für Industrie, Verkehr, Wärme und auch zur Stromerzeugung. Grüner Wasserstoff kann unsere Energieversorgung nachhaltiger machen. Denn: Damit lässt sich überschüssiger Strom aus erneuerbaren Energien speichern und dann verfügbar machen, wenn Wind und Sonne gerade Pause machen. Wir erklären, was das für deinen Strom heißt und warum Wasserstoff die Stromversorgung auf das nächste Level hebt.

Datum: 5. November 2025 | Lesezeit: 11 Minuten

So wird Wasserstoff hergestellt.

Wasserstoff (H₂) ist das kleinste und häufigste Element im Universum – er macht etwa 75 % der gesamten Materie aus. Krass, oder? Aber auf der Erde trifft man ihn fast immer in Verbindungen an, wie zum Beispiel in Wasser (H₂O). Um Wasserstoff als Energieträger nutzen zu können, muss er aus diesen Verbindungen befreit werden. Und das geht auf verschiedenste Arten: Manche Methoden sind klimafreundlich, andere wiederum nicht – je nach Energieaufwand, der dabei anfällt.


Der Schlüssel, um Wasserstoff zu einem echten Klimaretter zu machen? Der liegt in der nachhaltigen Produktion. Denn wie der Wasserstoff hergestellt wird, entscheidet, welche „Farbe“ er bekommt – und damit auch, wie gut er für unser Klima ist.

Die bunte Welt des Wasserstoffs: Das bedeuten die Farben.

Die verschiedenen „Farben“ des Wasserstoffs sind ein wichtiger Indikator für seine Klimawirkung und die damit verbundenen strategischen Entscheidungen in der Energiewende.

Grüner Wasserstoff

Grün ist die umweltfreundlichste Farbe in der Wasserstoff-Farbenlehre. Wasserstoff entsteht durch Elektrolyse – dabei wird Wasser in Sauerstoff und Wasserstoff aufgespalten. Und was ist mit dem benötigten Strom? Der kommt aus erneuerbaren Energiequellen wie Windkraft, Wasserkraft und Sonnenenergie. Grüner Wasserstoff ist also CO₂-neutral, braucht aber auch jede Menge Energie.

Türkiser Wasserstoff

Der türkise Wasserstoff entsteht durch die Trennung von Methan in Wasserstoff und festen Kohlenstoff (Methanpyrolyse). Der Kohlenstoff kann entweder unterirdisch gelagert oder weiterverwendet werden. Das Verfahren ist aber nur klimaneutral, wenn die Energie aus erneuerbaren Quellen stammt und zum Beispiel Biomasse als Methanquelle genutzt wird.

Es wird aber vor allem Erdgas verwendet – und damit ist türkiser Wasserstoff fast ausschließlich fossilen Ursprungs und nicht klimafreundlich. Und da die Lagerung des Kohlenstoffs noch nicht genug erforscht ist, empfiehlt das Umweltbundesamt das Verfahren bisher nicht zur umweltfreundlichen Herstellung.

Grauer Wasserstoff

Grauer Wasserstoff ist die dunkle Seite der Wasserstoffwelt. Er wird aus fossilen Brennstoffen wie Erdgas, Kohle oder Öl hergestellt. Das Problem: Als ⁠Nebenprodukte⁠ fallen Kohlenmonoxid (CO) und Kohlendioxid (CO₂) an, die in die ⁠Atmosphäre⁠ gelangen. Die Bilanz ist schlecht: 10 Tonnen CO₂ pro Tonne grauer Wasserstoff. In Deutschland wird immer noch 40 % der Wasserstoffproduktion aus grauem Wasserstoff gewonnen. Er kann zwar günstig hergestellt werden, ist aber nicht CO₂-neutral. Ganz ehrlich: auf Dauer gehört dieser Wasserstoff in den Ruhestand.

Blauer Wasserstoff

Blauer Wasserstoff ist wie der graue Wasserstoff in der Regel mit fossilen Energieträgern hergestellt – aber mit einem grünen Twist. Der Unterschied: Hier wird das anfallende Kohlendioxid (CO₂) aufgefangen und unterirdisch gespeichert. Das ist ein Schritt in die richtige Richtung und macht ihn größtenteils klimafreundlich. Dennoch sind die langfristigen Folgen der CO₂-Speicherung noch nicht klar. Blauer Wasserstoff ist deshalb eine Übergangslösung, während wir auf eine breite grüne Wasserstoffwirtschaft hinarbeiten.

Weitere Farben

Die Welt des Wasserstoffs ist bunt! Es gibt noch viele weitere Herstellungsmethoden und Farben wie Pink, Weiß, Orange, Rot, Gelb und einige mehr. Pinker Wasserstoff entsteht mit Atomstrom, weißer kommt natürlich in der Umwelt vor und oranger wird aus Biomasse gewonnen. Die verschiedenen Arten von Wasserstoff brauchen unterschiedlich viel Energie und erzeugen unterschiedlich viele Treibhausgase.

Frau mit Sonnernbrille in der Hand tankt ihr Auto mit Wasserstoff
Illustration eines Papierbootes auf einer Welle im Wasser

Übrigens...

... Schon Jules Verne hat sich 1870 mit dem Thema befasst und dazu geschrieben: „Die Energie von morgen ist Wasser, das durch elektrischen Strom zerlegt worden ist. Die so zerlegten Elemente des Wassers – Wasserstoff und Sauerstoff – werden auf unabsehbare Zeit hinaus die Energieversorgung der Erde sichern.“ Wer hätte gedacht, dass seine Worte auch heute noch so gut passen – mehr als 150 Jahre später! Crazy, oder?!

Warum grüner Wasserstoff zählt.

Grüner Wasserstoff entsteht mit sauberem Strom aus erneuerbaren Energien wie Sonne und Wind. Somit ist er komplett CO₂-frei und ein echter Klimaheld! Ziemlich genial – und genau das macht ihn so wichtig für unser Ziel, klimaneutral zu werden.

Die Technik dahinter heißt Power-to-Gas. Klingt abgefahren? Ist es auch, später dazu mehr. Kurz gesagt: Mit der Power-to-Gas-Technik wird Ökostrom per Elektrolyse in Wasserstoff verwandelt. Dieser kann dann in der Industrie, im Verkehr oder als Stromspeicher eingesetzt werden.

Animation die einen Überblick zur Nutzung von Wasserstoff gibt

Nur grüner Wasserstoff ist auf Dauer nachhaltig – die Nutzung CO₂-armer Alternativen wie dem blauen oder türkisfarbenen Wasserstoff werden trotz allem diskutiert: als Zwischenstopp auf dem Weg zur grünen Energiezukunft. Denn aktuell reicht grüner Wasserstoff allein nicht aus, um den steigenden Energiebedarf zu decken. Zudem ist die Herstellung ziemlich teuer. Wenn die Preise steigen, wird es für manche Industriebranchen richtig eng. Aktuell wird daher viel argumentiert: Es braucht Alternativen und schnelle Lösungen. Und da sind blauer und türkiser Wasserstoff immer noch mit im Spiel.

Klar ist aber auch: Blauer Wasserstoff ist lediglich eine Zwischenlösung. Denn egal wie man es dreht und wendet – auf Dauer zählt nur eins: Wasserstoff muss grün und komplett CO₂-frei sein. Nach dem Motto „Shipping the sunshine“ lässt sich Wasserstoff dort herstellen, wo Wind, Sonne und Wasser im Überfluss da sind – von dort aus geht es weiter in die Welt. Grüner Wasserstoff hilft vor allem energiehungrigen Branchen wie der Stahl- oder Chemieindustrie beim Umstieg auf Klimaneutralität. Er bringt also nicht nur frischen Wind in die Wirtschaft, sondern schiebt auch die Energiewende an.

Wie Wasserstoff zu Strom wird.

Wir bekommen immer mehr Strom aus erneuerbaren Energien. Das Ziel: Bis 2030 sollen Wind, Sonne, Wasser und Co. mindestens 80 % von unserem Stromverbrauch wuppen. Aber: Wind pustet und Sonne scheint nicht immer dann, wenn wir gerade Energie brauchen – sondern dann, wenn das Wetter gerade Bock hat. Damit wir den grünen Strom bestmöglich nutzen können, kommt Wasserstoff ins Spiel: als flexibler Energieträger zwischen Angebot und Nachfrage.


Was passiert da genau? Überschüssiger Strom aus erneuerbaren Energien wird in Wasserstoff umgewandelt – das Ganze nennt sich "Power-to-Gas". Wenn später wieder Strom draus wird, sprechen wir von Rückverstromung. Der Wirkungsgrad in der gesamten Kette ist allerdings relativ niedrig – darum gilt: Der direkte Verbrauch von Ökostrom ist immer besser. Aber: Wasserstoff macht unser Stromsystem robuster und ist die perfekte Ergänzung im Strommix.

Power-to-Gas: Aus Strom wird Wasserstoff erzeugt.

Stell dir vor, du hast jede Menge grünen Strom übrig – was machst du damit? Ganz einfach: Du verwandelst ihn per Elektrolyse in Wasserstoff. Warum? Weil sich Wasserstoff als Gas besser speichern lässt als elektrischer Strom. So kann Strom, der gerade nicht direkt gebraucht wird, in Form von Gas gespeichert und später für verschiedene Dinge verwendet werden.

Der Clou: Die Elektrolyse findet in spezialisierten Anlagen statt – sogenannte Wasserstoff-Elektrolyseuren – die meist in der Nähe von Wind- oder Solaranlagen oder Industrieparks stehen. Das macht Wasserstoff zum Bindeglied zwischen Stromerzeugung, -speicherung und -verbrauch. Die Umwandlung läuft in drei Schritten ab:

  1. Strom wird aus erneuerbaren Energien wie Windenergie oder Sonne produziert.
  2. Der Strom wird genutzt, um Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff zu zerlegen – das nennt man Elektrolyse.
  3. Wasserstoff dient als Energiespeicher und kann später zurück in Strom umgewandelt werden.
Grafik die die Erzeugung von Wasserstoff aus Strom und die Rückverstromung zeigt

Rückverstromung: Wasserstoff wird wieder zu Strom.

Bei der Rückverstromung wird gespeicherter Wasserstoff wieder zurück in elektrische Energie verwandelt – also in Strom. Dafür gibt es zwei Wege: über bestehende und neue Gaskraftwerke oder Brennstoffzellen.

  1. Gaskraftwerke.
    Moderne Gas- und Dampf-Kraftwerke sind heute „H₂-ready“ und können Wasserstoff nutzen – entweder gemischt mit Erdgas oder sogar zu 100 %. Bestehende Kraftwerke lassen sich einfach umrüsten. Das Beste: Schon heute laufen Pilotprojekte mit 30 bis 50 % Wasserstoffanteil. Das Ziel: Kraftwerke, die jederzeit komplett auf Wasserstoff umschalten können. Sie sind schnell regelbar und ideal für Spitzenlasten. Ein Beispiel dafür sind die wasserstofffähigen Gaskraftwerke der EnBW in Altbach/Deizisau . Und auch Hersteller wie Siemens Energy und GE entwickeln bereits Turbinen für reinen Wasserstoff.
  2. Brennstoffzellen.
    Nein, in einer Brennstoffzelle wird Wasserstoff nicht wirklich verbrannt: Er wird elektrochemisch mit Sauerstoff zu Wasser kombiniert. Bei diesem Prozess entstehen Strom, Wärme und als einziges „Abgas“ Wasserdampf. Brennstoffzellen für die Rückverstromung von Wasserstoff sind besonders effizient, leise und eignen sich gut für dezentrale Anwendungen wie Quartiere oder Notstromversorgung. Der Nachteil: Brennstoffzellen sind aktuell noch teuer und technisch aufwendig. Deshalb sind sie vor allem als Ergänzung zu Kraftwerken geplant, etwa in großen Gebäuden oder im Verkehr.
Frau steckt einen Mixer in die Steckdose in der Küche

Der Wirkungsgrad hat noch Luft nach oben.

Aber aufgepasst: Viel Energie bleibt auf der Strecke, wenn Strom erst zu Wasserstoff und wieder zurück zu Strom wird. Je nach Technik kann mehr als die Hälfte der Energie verloren gehen. Deshalb ist Wasserstoff keine alleinige Lösung, sondern eine smarte Ergänzung zum grünen Strommix.


Der Gesamtwirkungsgrad liegt laut Greenspotting bei nur 40 bis 50 %. Das heißt: Um 1 kWh Strom zurückzugewinnen, braucht es etwa 2 kWh Ökostrom für die Elektrolyse. Der Verlust macht sich auch im Preis bemerkbar. Power-to-Gas und Rückverstromung sind also keine Alltagslösung, aber Wasserstoff hilft dabei Stromlücken zu füllen, sorgt für eine stabile Versorgung und glänzt als Langzeitspeicher.

Prozessschritt Wirkungsgrad je nach Technik
Elektrolyse (Strom → H₂) 70 – 75 %
Speicherung & Transport - 5 – 15 %
Rückverstromung (H₂ → Strom) 40 – 60 %

Stabile Stromversorgung mit Wasserstoff.

Grüner Wasserstoff kann als Energiespeicher dazu dienen, überschüssige Energie aus erneuerbaren Quellen aufzunehmen und bei Bedarf flexibel wieder abzugeben. Vor allem in Zeiten, in denen viel Sonne scheint oder viel Wind weht und der erzeugte Strom nicht verbraucht werden kann. Wohin mit dem überschüssigen Strom? In große Batteriespeicher? Das ist eine Möglichkeit – reicht aber allein nicht aus. Hier kommt Wasserstoff ins Spiel: Er kann überschüssigen Strom speichern und Phasen mit niedriger Erzeugung aus erneuerbaren Energien überbrücken. Wasserstoff trägt so auch zur Stabilisierung des Stromnetzes bei und gleicht Schwankungen in Angebot und Nachfrage aus.

Spitzenlast­abdeckung: H₂ für ein stabiles Stromnetz.

Lastspitzen lassen sich mithilfe des gespeicherten Wasserstoffs einfach und zuverlässig abdecken. Sie treten vor allem dann auf, wenn der Stromverbrauch zu bestimmten Zeiten stark ansteigt – also zum Beispiel morgens, wenn viele Haushalte gleichzeitig mehrere Elektrogeräte, Licht und Heizung anschalten oder an heißen Tagen im Sommer, wenn viele Klimaanlagen gleichzeitig laufen. Lastspitzen wie diese können nicht immer mit erneuerbaren Energien aus Solar- und Windkraft abgedeckt werden, sodass der Einsatz von Wasserstoff hier besonders sinnvoll ist. Der Wasserstoff wird zurück verstromt und voilà: Das Stromnetz bleibt stabil und wird nachhaltig gestaltet.

Junge Frau sitzt im heißen Wohnzimmer vor Ventilator

Dunkelflauten überbrücken mit Wasserstoff als Speicher.

Eine Dunkelflaute bezeichnet eine bestimmte Wetterlage, in der die Sonne nicht scheint und der Wind eine Verschnaufpause einlegt – ein typisches Winterphänomen. Dann sinkt die Produktion von Solar- und Windstrom erheblich. Eine genaue Definition dafür, wann ein Engpass dieser Art wirklich als Dunkelflaute gilt, gibt es allerdings nicht. Diese Engpässe werden zurzeit vor allem durch flexible konventionelle Kraftwerke ausgeglichen. Große Batteriespeicher übernehmen ebenfalls nach und nach diese Funktion. Gespeicherter Wasserstoff könnte in Zeiten von Dunkelflauten zusätzlich flexibel genutzt werden und als CO₂-neutraler Energiespeicher dienen.

Fuel Switch: Wie Wasserstoff fossile Brennstoffe ersetzt.

Wasserstoff kann fossile Energieträger Schritt für Schritt ablösen und damit richtig was bewegen. So lassen sich alte Kohlekraftwerke auf Gas umrüsten, die zunächst Erdgas und später Wasserstoff nutzen. Dieser „Fuel Switch“ sorgt direkt für weniger CO₂ Emissionen. In Deutschland deckt Strom aktuell nur etwa 21 % des Energiebedarfs, inklusive Wärme, Verkehr und weiterer Anwendungen. Rund 80 % kommen noch aus Erdgas oder Öl. Genau hier kann grüner Wasserstoff einspringen und fossile Brennstoffe langfristig ersetzen. Der Vorteil: Das Kraftwerk bleibt bestehen, nur der Brennstoff wird nach und nach klimafreundlich.

Illustration für Erneuerbare Energien mit Wind, Wasser und Solar

Schon jetzt nachhaltig unterwegs mit Yello.

Wer nachhaltig unterwegs sein möchte, sollte grünen Strom aus erneuerbaren Quellen beziehen. Das Stichwort lautet ganz einfach: Ökostrom. Bei Yello ist jede Kilowattstunde Strom grün und hat einen Herkunftsnachweis. Dein Strommix? 10 % Solarstrom und 90 % Wasserkraft aus Europa. Klingt gut, oder?

Zu Hause heizen mit Wasserstoff?

Dein Strom aus der Steckdose wird durch Wasserstoff wohl nicht komplett neu erfunden – aber wie sieht es beim Heizen aus? Heute basiert laut BDEW-Zahlen rund 56 % der Wärmeversorgung in Deutschland noch auf Erdgas. Das Problem: Erdgas ist alles andere als klimafreundlich und verursacht CO₂-Emissionen. Wasserstoff kann hier die saubere Alternative sein. Dafür muss er in Wärme umgewandelt werden – etwa durch Verbrennung oder mit einer Brennstoffzelle.


  1. Verbrennung.Der Wasserstoff kann wie Erdgas in einem Brennwertkessel verbrannt werden. Dabei entsteht Wärmeenergie. Diese Methode wird auch in H₂-ready-Heizungen genutzt: Das sind Erdgasheizungen, die mit wenigen Anpassungen später mit Wasserstoff laufen können.
  2. Brennstoffzelle. Eine Brennstoffzellen-Heizung erzeugt nicht nur Wärme, sondern auch Strom. Sie lässt sich in Häusern mit Erdgasanschluss einbauen – perspektivisch auch mit Wasserstoff betreiben. Noch ist die Technik teuer: Mit Anschaffungskosten von über 20.000 € bleibt sie für viele Haushalte vorerst Zukunftsmusik.

Mann in warmer Kleidung wärmt sich am Heizkörper

H2-ready-Heizungen: Das spricht dagegen.

Du hast eine Gasheizung? Dann könnte sie schon jetzt „H₂-ready“ sein – oder sich mit ein bisschen Aufwand so umrüsten lassen, dass sie einen kleinen Wasserstoff-Anteil im Erdgasgemisch nutzt. Die Idee: Irgendwann läuft deine Heizung komplett mit Wasserstoff – das wäre doch der Knaller, oder?

Verbraucherschützer:innen sind skeptisch. Die Verbraucherzentrale Bayern betont: Geräte, die wirklich auf 100 % Wasserstoff umstellbar sind, gibt es aktuell nicht. Selbst neue H₂-ready-Modelle schaffen gerade mal rund 20 % Beimischung von Wasserstoff.

Und dann die große Frage: Wird es überhaupt genug grünen Wasserstoff fürs Heizen geben? Die Chancen stehen eher schlecht. Die Bundesnetzagentur plant zwar ein Leitungsnetz – aber für Industrie und Großabnehmer. Für Wohngebiete existiert bisher gar kein Wasserstoffnetz. Sprich: Wer heute auf H₂-ready setzt, läuft Gefahr, in eine Kostenfalle zu tappen.

Umweltverbände wie BUND, DUH und WWF haben schon 2023 in einem Faktenpapier vor der Kostenfalle H₂-Ready gewarnt. Ihre Empfehlung: Wärmepumpe statt Warten auf Wasserstoff. Vor allem in Kombi mit einer PV-Anlage ist das aktuell die klimafreundlichste Lösung – dein eigener Solarstrom treibt die Heizung direkt an.

Wasserstoff in Deutschland: Status Quo.

Deutschland hat sich ein großes Ziel gesteckt: Bis 2045 soll es klimaneutral laufen. Aus diesem Grund steht Wasserstoff im Rampenlicht – er soll zentrales Element der Energiewende werden und unsere Industrie klimafreundlich gestalten. Schon im Jahr 2020 hat die Bundesregierung ihre Nationale Wasserstoffstrategie (NWS) auf den Weg gebracht und 2023 aktualisiert. Ab jetzt soll es schnell gehen: das Ziel für die heimische Elektrolysekapazität soll bis 2030 auf mindestens 10 Gigawatt (GW) verdoppelt werden. Doch: Selbst die geplante 10 GW Elektrolyseleistung kann den vorhergesagten Wasserstoffbedarf in Deutschland nur zu etwa 30 bis 50 % decken.


Aktuell ist die Wasserstoffproduktion in Deutschland mit etwa 66 Megawatt im Jahr 2024 noch viel zu gering – eine erhebliche Lücke bis zum Ziel 2030. Projekte mit weiteren 323 Megawatt sind zwar im Bau oder kurz davor, doch es hakt oft an der Finanzierung. Die geplanten Projekte laufen also eher schleppend. All das führt zu einer hohen Abhängigkeit von Importen, denn bereits 2030 könnten 50 bis 70 % des Gesamtbedarfs aus dem Ausland stammen.

Grafik die geplante Elektrolysekapazität für Wasserstoff bis 2030 beträgt 10 GW

So soll der Wasserstoff transportiert werden.

Der Wasserstoff muss natürlich von A nach B kommen – dafür wird das bestehende Erdgasnetz genutzt und neue Leitungen kommen dazu. Der Startschuss ist 2025 gefallen und bis 2032 soll das deutsche Wasserstoffkernnetz fertig sein. Das sogenannte Wasserstoffkernnetz soll eine Länge von 9.040 km haben und damit das Größte in Europa werden. Die ersten Abschnitte entstehen bereits heute, um Produktionsstätten, Industriezentren, Speicher und Importkorridore miteinander zu verbinden.

Die Investitionskosten liegen laut Bundesnetzagentur bei 18,9 Millionen €. 60 % des Netzes soll daher aus umgerüsteten Erdgasleitungen bestehen, während 40 % der Leitungen neu gebaut werden sollen. Im Rahmen des Programms „Flow – making hydrogen happen“ stellt das Unternehmen GASCADE bereits in diesem Jahr eine seiner Gasleitungen auf den Transport von Wasserstoff um. Der Abschnitt von Lubmin an der Ostsee nach Bobbau in Sachsen-Anhalt umfasst fast 400 Kilometer.

Grafik Ausbau des Wasserstoff-Kernnetzes bis 2032 in Deutschland

Wasserstoff: Teuer, aber nachhaltig.

Wasserstoff für die Stromversorgung von Haushalten ist aktuell noch mit hohen Umwandlungsverlusten verbunden. Die Prozesskette „Strom → Wasserstoff → Strom“ (Power-to-Gas-to-Power) ist deutlich weniger effizient als der direkte Verbrauch von Ökostrom.

Was kostet grüner Wasserstoff heute und künftig?

Im ersten Halbjahr 2025 lag der Kostenindex für grünen Wasserstoff (Hydex Green) bei rund 18 Cent pro Kilowattstunde. Laut EWI könnte der Preis bis 2030 – bei stabilen Gas- und CO₂-Preisen – auf 7 bis 10 Cent je Kilowattstunde sinken, also auf etwa 3 € pro Kilogramm. Werden Elektrolyseanlagen günstiger, sind die Aussichten noch besser. Es läuft also, wenn wir jetzt dranbleiben.

Zukunft: Vom Kostentreiber zum Preisstabilisator?

Grüner Wasserstoff mag heute zwar noch teurer sein, hat aber ein unglaubliches Sparpotenzial. Dank Innovationen und Skaleneffekten könnten die Preise in den nächsten Jahren weiter sinken. Studien zeigen sogar: Wasserstoff könnte zukünftig sogar ein Preis-Stabilisator im Energiemarkt sein. Und nicht nur das: Als flexible Ergänzung zum Stromnetz springt er dann ein, wenn Sonne und Wind mal eine Pause machen.

Strom aus Wasserstoff – (noch) zu teuer für Haushalte.

Und wie viel kostet nun Strom, wenn er aus Wasserstoff erzeugt wird? Laut Fraunhofer ISE liegen die Kosten für Strom aus neuen Wasserstoffkraftwerken aktuell bei 40 bis 60 Cent pro Kilowattstunde. Das ist rund fünf- bis zehnmal mehr als bei Strom aus erneuerbaren Energien. Für private Haushalte macht „Strom aus Wasserstoff“ deshalb derzeit keinen Sinn – er wäre schlicht zu teuer.

Eine junge Frau arbeitet zu Hause am Laptop mit ihrem Hund

Fazit: Wasserstoff und dein Strom.

Wasserstoff ist aus unserer Energiezukunft nicht mehr wegzudenken. Er ergänzt grüne Energie, sorgt für stabile Netze und hilft, die Stromversorgung abzusichern, wenn Wind und Sonne Pause machen. Als Speicher, Energieträger und strategische Reserve gewinnt er im Strommix an Bedeutung – vor allem weil der Strombedarf weiter steigt.

Zwar kommt Wasserstoff nicht direkt aus deiner Steckdose, doch er kann künftig fossile Brennstoffe in Kraftwerken zur Stromerzeugung ersetzen. Schon heute sind viele Gaskraftwerke H₂-ready und können Schritt für Schritt auf Wasserstoff umgerüstet werden – ein echter Gamechanger für eine saubere Strom- und Wärmeerzeugung. Vorausgesetzt, der Wasserstoff ist grün.

Klar, aktuell ist Wasserstoff noch teuer und die Infrastruktur im Aufbau. Aber mit Forschung, Förderung und Importen sinken die Kosten – und sein Einsatz wird breiter möglich. Der Ausbau läuft bereits: Bis 2032 sollen über 9.000 Kilometer Wasserstoffleitungen durch Deutschland führen, teils über umgerüstete Erdgasnetze. Offshore-Windparks sollen Wasserstoff gleich vor Ort auf dem Meer erzeugen. Und unterirdische Gasspeicher sollen auch Wasserstoff aufnehmen können.

Unser Fazit: Für deinen Alltagsstrom bleibt direkter Ökostrom die beste Wahl. Doch grüner Wasserstoff macht unsere Energiewelt flexibler, sicherer und nachhaltiger. Und genau das brauchen wir für eine klimafreundliche Zukunft.


Autorin
Susanne von Yello

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